Manipulation durch Schuldumkehr
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28. Juli 2023Machtgefälle | Dominanzverhalten im Beratungs- und Erziehungssetting.
Viele Narzisst*innen sind beratend, erziehend oder coachend tätig. Warum? Weil sie gerade im sozialen Bereich, wo sie viel mit Menschen zu tun haben und über diese entscheiden müssen oder diese beraten, sich selbst den Hilfebedürftigen gegenüber als Wissende*r oder „Steuernde*r“ aufspielen können. Müssen sie Entscheidungen treffen, tun sie wo immer möglich zu Ungunsten des Klienten, da ihnen genau das Leid des anderen ihre lebensnotwendige Zufuhr einbringt. Und das macht gerade den sozialen Bereich oder auch Positionen, bei denen sie Entscheidungsmacht haben, so attraktiv für sie. Das Gegenteil wäre die Motivation von psychisch gesunden Menschen: Sie nehmen ihre Verantwortung ernst und entscheiden im Zweifel FÜR andere. Das ist es, was gesunde Menschen glücklich macht – das Glück anderer. Bei Narzisst*innen geht es niemals um echtes Wohlwollen, um Augenhöhe, Lösungsfindung und echtes, liebevolles, glückliches Miteinander. Es geht darum, andere abzuwerten, um ihr Ego aufzupolieren, oder darum, nach außen irgendetwas darzustellen. Kontrolle, Macht, Anerkennung, Status etc. Neulich erst hat mir eine ehemalige Lehrerin erzählt, sie hasse Kinder und sei nur Lehrerin geworden wegen des Beamtenstatus und der Kohle. Immerhin war sie in dem Punkt ehrlich…
Das Krankhafte wird häufig darin deutlich, dass sie sich oft bewusst sehr viel schwächere aussuchen oder Menschen, die in irgendeiner Form abhängig von ihnen sind, um diese zu dominieren. Sie stellen Abhängigkeiten her oder nutzen gegebene Abhängigkeiten, um ein Gefühl der Kontrolle und der Macht ihrer Umwelt zu erhalten. Und dazu benötigen sie andere Menschen. Sie bevorzugen Menschen, die sich nur schwer wehren können und genießen die Hilflosigkeit derer. Fatal und furchtbar zerstörerisch ist das natürlich bei Kindern. Aber ich möchte hier im Erwachsenenkontext bleiben. Hier wird die Macht gerne in sozialen Einrichtungen und Behörden ausgespielt, oder auch in anderen Kontexten, in denen man sich an jemanden wenden muss.
Am Ende der Beratung denkt man häufig: Irgendwie ist mein Anliegen nicht verstanden worden, es ging lediglich ums Geld oder um denjenigen, der berät. Er / sie hört sich vielleicht selbst gerne reden, setzt sich mit der Beratung selbst in Szene, der ständige Blick auf die Uhr oder aufs Smartphone suggerierte Desinteresse an dir, und am Ende wird das Gespräch einfach abgebrochen mit einem Lächeln: „Ich melde mich bei Ihnen.“ Du bleibst meist verwirrt zurück und fragst dich, was du falsch gemacht hast, was dir das Gespräch gerade überhaupt gebracht hat, fühlst dich vielleicht schlechter als vorher, klein, hilflos und weggestoßen usw. Natürlich kann man immer sagen, dass Erwachsene sich soetwas nicht antun und persönlich nehmen müssen. Aber meistens kommen solche Verhaltensweisen für einen selbst ja unerwartet und unvorbereitet, da sie keinen Sinn ergeben – da sie dem Ego und der Zufuhr des / der Narzisst*in dienen.
Beratung oder Coaching mit Narzissten läuft eigentlich immer gleich ab – dem toxischen Kreislauf entsprechend, nur dass es im Rahmen eines „professionellen“ Settings passiert. Du wirst oft freundlich begrüßt, merkst aber schon sehr bald, dass du entweder wie ein Kind angesprochen wirst (Soll suggerieren, dass du klein bist und der andere stellt sich bereits über dich (als Wissende*r)) oder du merkst, dass bereits am Anfang gar nicht richtig zugehört wird oder gar kein ernsthaftes Interesse an der Beratung von dir besteht. Wichtig ist, dass du in der Regel in Vertrauensvorleistung gehst und der / die Berater*in anfänglich immer in irgendeiner Form freundlich ist, wenn er / sie etwas von der Beratung hat. Es kann sich auch um z.B. Supportmitarbeiter*innen handeln, auf die du in dem Moment angewiesen bist und sie kommen gleich zur Sache, wenn das Gespräch nicht aufgezeichnet wird, und sind direkt unfreundlich, schlecht gelaunt und vor allem hoch dominant. Der toxische Kreislauf steht vereinfacht für LoveBombing (Freundlichkeit, Herstellen von Vertrauen etc.), Abwertung (z.B. über Dominanz, dich kleinreden, dich als dumm darstellen) und dann die Entsorgung (das Rauskicken, das dir suggeriert, dass du das Letzte bist und keiner weiteren Beachtung würdig bist).
Im privaten Bereich sind professionelle Coaches und Berater häufig sehr schnell darin, dir ein Problem zu unterstellen, das eine (natürlich „gut gemeinte“) Beratung bei ihnen lösen wird. Also nicht du kommst auf denjenigen zu, sondern derjenige versucht im Bekanntenkreis seine Professionalität auszuspielen und damit zu dominieren. Ich hoffe, man versteht, wie ich es meine 🙂 Auch hier versucht derjenige meist erstmal freundlich zu sein und dein Vertrauen zu bekommen, dann versucht er dich einzuwickeln in ein Problem, das du angeblich hast und er dich da rausholen kann, und dann stehst du nicht selten da, während derjenige deine privaten Dinge im Umfeld verbreitet.
Deckst du das Verhalten bereits am Anfang als Übergriffigkeit auf, wird dir unterstellt, das sei halt dein Ego (das machen vor allem spirituelle Berater*innen sehr gerne) oder du kannst mit konstruktiver Kritik nicht umgehen usw. – in Wirklichkeit können diese Menschen nicht akzeptieren, dass sie zu wenig Selbsterfahrung gemacht haben und es versäumt haben, zu lernen, Grenzen Anderer zu respektieren und jeden sein zu lassen, wie er oder sie ist. Und naturgemäß bringen sie leider keine Empathie für Menschen mit. Sie verwechseln – oder reden sich ein – es dürfe ja auch kein Mitleid gezeigt werden, wodurch sie eine Art „professionelle Empathielosigkeit“ rechtfertigen, anstatt wahres, wohlwollendes und empathisches Mitgefühl aufzubringen, dem Klienten / der Klientin Raum und Geduld entgegenzubringen und vor allem auch im privaten Bereich andere auf ihn / sie zukommen zu lassen und sich nicht mit guten Ratschlägen aufzudrängen und alles besser zu wissen (= Dominanz, Machtgefälle herstellen). Gute Berater*innen sind ja FÜR andere da und sollten ein Gespür dafür haben, was der andere gerade tatsächlich braucht. Er sollte nichts wollen und fordern. Und schon gar nicht sollte es um ihn / sie gehen und darum, sich selbst gerne reden zu hören.
Doch zurück zum „professionellen“ Setting: Wenn du nicht sofort verstehst, was der / die Berater*in meint oder du tiefergehende Fragen hast, oder du denkst, dass der Berater dein Anliegen nicht wirklich verstanden hat und möchtest es genauer erläutern, wird gerne so getan, als würdest du zu viel Zeit und Energie kosten, seist nicht in der Lage, das Gesagte zu verstehen oder es wird irgendeine Geste gemacht, die dir suggeriert, du bist klein, unbedeutend und verstehst gar nichts – oder: Du bist vielleicht noch nicht soweit (meint übersetzt: in deiner Entwicklung noch nicht so weit wie der / die Berater*in oder wie er / sie es gerne hätte).
In einer Situation, in der ich vor einiger Zeit Rat im Ausland suchte, wurde beispielsweise eine Zeitstunde als Beratungszeit angesetzt, also auch eine Stunde meiner Zeit eingeplant. Im Anschluss daran plante ich einen weiteren Termin mit genügend „Pufferzeit“, da ich beide Termine von der Örtlichkeit gut verbinden konnte.
Die Beratung begann verspätet, da noch Unterlagen ausgedruckt und Telefonate entgegengenommen wurden. Das Gespräch war von Seiten des Beraters also schlecht vorbereitet, er wirkte unkonzentriert und hektisch. Da übersetzt werden musste, da unterschiedliche Sprachen gesprochen wurden, kam eine weitere Beraterin hinzu. Zudem wurde immer wieder unterbrochen, um zu übersetzen, nachgefragt und Schleifen gedreht, die
mit dem Thema nichts zu tun hatten, was in solchen Situationen für mich aber auch grundsätzlich in Ordnung ist, um sicherzugehen, dass die Angelegenheit von beiden Seiten verstanden wird. Hinzu kam innerhalb des Büros, dass mehrfach ohne anzuklopfen von anderen Personen die Tür aufgeknallt wurde und auch erstmal in der Tür stehen blieben. Meine anwesenden Berater*innen hatten dem nichts entgegenzusetzen und schienen das in Ordnung und normal zu finden.
Auf eine erneute Nachfrage nach etwa der Hälfte der Beratungszeit wurde ich dann mitten in meiner Antwort abgewürgt, es wurde vorgegeben, Dokumente zum Verständnis sichten zu wollen, wozu das Büro gewechselt werden musste. Nach der Speicherung im Nachbarbüro kam man überheblich lächelnd und gespielt professionell auf mich zu mit den Worten: „Wir melden uns bei Ihnen.“ Und dann stand ich da und hatte weder die Frage des Beraters beantwortet,
noch hatte ich auch nur eine meiner 2 relativ einfachen Fragen geklärt. Ich denke, hier handelte es sich schlichtweg um absolutes Desinteresse.
Als ich dann nochmals nachfragte, bekam ich bereits ein Augenrollen und ein Kopfschütteln – wohl gemerkt, die Stunde war immer noch nicht vorbei – dann wurden die Berater noch unruhiger, unterhielten sich dann untereinander, sie würden nicht verstehen, was ich will (wohlgemerkt war keine meiner beiden Fragen bisher geklärt) und es wurde dazu übergangen untereinander in meine Richtung als was auch immer und toxisch abzuwerten.
Ich gab auf, es ging wieder nach vorne zur Theke der Hektik, wo ich noch etwas unterschreiben sollte. Der Herr schien hart an dem Dokument zu arbeiten, nahm zwischendurch aber geduldig wieder Telefonate entgegen, um mir zu suggerieren: „Du bleibst jetzt erst mal da sitzen und wartest. Er schrieb in dieser Zeit wohl nicht am Dokument, sondern ließ sich per chat oder Mail bei der direkt neben ihm sitzenden Kollegin über mich aus, was ihr eindeutig ins Gesicht geschrieben war. Und ich saß da, meine Zeit zum nächsten Termin lief ab, ich fragte mehrfach, ob ich gehen könne und mir das Dokument vielleicht per E-Mail zugesendet werden könne usw. – alles in allem sehr respektlos und frech. Natürlich verdeckt, man dachte, ich merke das nicht, mit einem Lächeln, das Freundlichkeit vorgeben sollte,
aber in Wirklichkeit abwertend gemeint war. Ich war bis zuletzt freundlich, allerdings stark verwirrt, wollte mein Anliegen nur verständlich erklären, usw.
Narzissten geht es meistens um genau 2 Dinge: 1. ein Machtgefälle, in dem der N. sich über dich stellt, dich abwertet und sich dadurch aufzuwerten. Augenhöhe und Respekt sind weder möglich noch gewünscht. 2. Derjenige möchte, dass das, was du gut findest, und sei es, dass du einfach wohlwollendes Auftreten oder gute Laune hast und völlig „arglos“ durch den Tag gehst – genau das wollen sie dir madig machen (= Zufuhr).
Wenn du dich in solchen Situationen fragst, ob nicht doch du vielleicht der Toxe bist, dann mach dir Folgendes klar:
- Wenn du dich fragst und dir Sorgen darüber machst, was schief gelaufen sein könnte und ob du der Toxe bist, bist du es sehr wahrscheinlich nicht. Narzissmus ist (am Ende des Spektrums, über das ich hier rede) eine Persönlichkeitsstörung, bei der die Betroffenen empathielos und antisozial agieren. Sie tun dies mehr oder weniger absichtlich. Leid und Ärger anderer gibt ihnen Zufuhr. Wenn es dir einen Kick gibt, wenn es anderen schlecht geht, dann gehörst du auch nicht zu denen, die sich darüber Sorgen machen würden, ob sie toxisch sind.
- Wenn du lösungsorientiert bist, auf Augenhöhe usw., dann bist du nicht narzisstisch persönlichkeitsgestört, sondern sehr wahrscheinlich psychisch sehr gesund.
- Wenn du anderen zugehörst, um diese zu verstehen, bist du es sehr wahrscheinlich ebenfalls nicht.
- Wenn du jmd. wehgetan oder jmd. vor den Kopf gestoßen hast, ist dein Ego dann so viel mehr wert, als dich zu entschuldigen, gaslightest noch, drehst die Schuld um, anstatt dich zu entschuldigen, weil du den anderen „dissen“ und dafür nicht mal Verantwortung übernehmen möchtest? Wenn nicht, dann bist du ebenfalls nicht narzisstisch.
- Fühlst du dich dazu berechtigt, andere methodisch und systematisch fertig zu machen, sie zu verleumden, ihre Schwachstellen in der Öffentlichkeit breitzutreten und dich über sie lustig zu machen, um deren Selbstwert und sie zu sterstören und dich aufzuwerten? Wenn nicht, dann bist du auch nicht narzisstisch.
- Hörst du dich am liebsten selbst reden, scharrst nach Aufmerksamkeit, prangerst aber jede lebensbejahende Regung anderer an, die ihnen auch nur minimalste Aufmerksamkeit anderer geben könnte? Und stellst du dich selbst sofort als Opfer dar, wenn du derjenige bist, der gerade jmd. anderem wehgetan hat, um sicherzugehen, dass du dafür nicht selbst ins falsche Licht gestellt wirst? Wenn auch das nicht auf dich zutrifft, dann bist du sehr wahrscheinlich kein*e Narzisst*in.
Pass auf dich auf. Du bist es wert.
Bildquelle: Overconfident stylish man in glasses by Slphotography, Getty Images | Canva Pro