
Manipulation durch Gaslighting
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26. Juli 2023Schuldumkehr als klassische Manipulationstechnik.
Regel Nummer 1 in stark dysfunktionalen, sehr narzisstisch geprägten Familiensystemen ist: „Einer muss schuld sein!“ Auf diese Regel folgt immer sofort Regel Nummer 2: „Und das ist nicht der oder die Narzisst*in!“
Eigentlich ist die klassische Schuldumkehr eine relativ einfache Taktik, wenn man sie erstmal als Manipulationstechnik erkennt – das klassische „Nein, du!“
Das Problem ist jedoch, so sehr sich dieses „Nein, du!“ nach Kindergarten anhört, so traumatisierende Auswirkungen hat es auf der anderen Seite auf die Opfer, die nicht wissen, was es diese Taktik über lange Phasen des Zusammenlebens mit ihnen macht. Diese Taktik bedient nämlich mehrere narzisstische Zwecke: Sie wird dazu angewendet, um sich wirklich IMMER aus der Verantwortung zu ziehen, was wiederum bedeutet, dass der andere IMMER schuld ist – auch wenn es gar nicht um „Schuld“ geht, sondern nur um ein „normales“ Thema ohne Vorwurfscharakter. Narzisst*innen schaffen es immer, den anderen als schuldig hinzustellen und dadurch auch gleichzeitig abzuwerten, um sich selbst über denjenigen zu stellen. Hinzu kommt, dass tatsächliche Konflikte nicht nur dadurch erst entstehen und immer größer werden, sondern auf diese Weise natürlich auch niemals geklärt werden. Wahre Konfliktklärung, Augenhöhe und Einigung sind genauso wie Entschuldigungen im narzisstischen Plan nicht vorgesehen, da sie ihrem Kontrollwahn, ihrer Arroganz und ihrem Machtstreben entgegenstehen. Sie werden nur dort eingegangen, wo sie ihnen taktisch etwas nutzen.
Die Opfer neigen irgendwann dazu, alles auf sich zu nehmen, um endlich Frieden herzustellen, wo eine einfache Klärung ausreichend gewesen wäre, um das Thema an sich vom Tisch zu bekommen. Das machen aber nur „normale“ Menschen, die eine grundsätzlich friedvolle und lösungsorientierte Einstellung haben. Narzissten wollen Drama, um das Gegenüber völlig „kirre“ zu machen, es zu verwirren und innerlich zu destabilisieren. Das ist wiederum über die Dauer sehr stark Schuld und Scham erzeugend für das Opfer des Narzissten, worüber sie der oder die Narzisst*in dann wiederum stark kontrolliert und noch engmaschiger manipuliert. Und das nicht nur im direkten Konflikt, sondern auch im Alltag und sehr gerne auch vor anderen – den (späteren) Flying Monkeys.
Schuldumkehr wird sowohl von offenen als auch vulnerablen Narzissten verwendet, von den erstgenannten, weil sie eh der Ansicht sind, immer recht zu haben, und die letztgenannten müssen sich ständig zum Opfer der Umstände machen. Selbst dann, wenn es gar nicht um Schuld geht, sondern nur um Minikleinigkeiten, muss es einen Schuldigen geben – nämlich dich! Das Opfer der Manipulation soll zum Täter gemacht werden.
Die durch die Schuldumkehr gleichzeitig herbeigeführte Täter-Opfer-Umkehr hat auch und gerade bei Kindern sehr schlimme Auswirkungen. Wir wissen ja, dass Narzisst*innen ihre selbst als positiv und negativ bewerteten inneren Anteile extrem stark nach außen auf ihre Kinder projizieren. Die Kinder werden als Verlängerung der eigenen Person angesehen und haben in den Augen der Narzissten dadurch auch keine Individualität.
Nehmen wir als Beispiel 2 Kinder, dann wird eines schnell zum Goldkind – das ist das Kind, das niemals einen Fehler machen kann, da es dem Narzissten gleichgestellt ist und für Anerkennung sorgt oder irgendetwas besitzt – eine Äußerlichkeit zum Beispiel oder ein Talent -, das den Narzissten nach außen gut dastehen lässt und ihm Anerkennung einbringt. Das Sündenbockkind ist hingegen die Projektionsfläche des gesamten Selbsthasses des / der Narzisst*in. Es ist dazu da (das ist seine Aufgabe!!!), um Regel Nummer 1 und 2 (s.o.) zu erfüllen, also um die Schuld zu tragen, die eigentlich der oder die Narzisst*in als wahre*r Täter*in trägt. Natürlich können die Rollen grundsätzlich wechseln. Ich vermute jedoch und habe selbst die Erfahrung gemacht, dass es einfacher für die Täter*innen ist, die Rollen und dadurch auch die Narrative über die Kinder nach außen so aufrecht zu erhalten, wie sie einmal festgelegt sind. Würde heute das eine und morgen das andere Kind nach außen als das schrecklichste Kind ever dargestellt werden, wäre das unglaubwürdig und das gilt es ja für Narzisst*innen unbedingt zu vermeiden, um ihren manipulativen Missbrauch an ihren Opfern aufrecht erhalten zu können.
(*Anmerkung: Es gibt auch Trauma tragende, dysfunktionale Familiensysteme, die nicht von Narzissten „angeführt“ wird. Auch diese teilen die Kinder bzw. Familienmitglieder in Rollen ein, auch hier gibt es Sündenböcke. Aber da die extreme Manipulation und das eiskalte taktische Vorgehen hier häufig nicht so ist, wie bei Narzissten, können hier die Rollen meiner Ansicht nach eher wechseln. Und auch in narzisstisch geprägten Familien kann es zum Beispiel durch hinzukommende Komorbiditäten, wie zum Beispiel Süchte u.ä. natürlich auch dazu kommen, dass das Vorgehen immer wieder verändert und verschoben wird, der / die Narzisst*in kann seine eigenen Narrative und Lügenkonstrukte vielleicht selbst nicht mehr nachvollziehen usw., weshalb es sich bei dem hier Beschriebenen nur um allgemeine Richtwerte handelt).
Während schon erwachsene Partner*innen sich kaum ausdrücken und diese perfide Art des Missbrauchs in Worte fassen können, durch diese Manipulation krank werden und tatsächlich destabilisieren, ist es für Kinder der reinste Überlebenskampf. Sie können sich absolut nicht gegen diesen Missbrauch wehren und die Eltern fühlen sich noch toll dabei, stellen sich selbst in Szene, dass die Kinder es so gut haben usw., obwohl sie einfach die Schwäche und Schutzbedürftigkeit ihrer eigenen Kinder ausnutzen. Dass solche Menschen dennoch gerne in den Spiegel sehen, beweist nur noch mehr, wie groß die Störung und psychische Erkrankung ist.
Ziel ist es zudem, das Opfer der Manipulation in Schuldgefühle zu verstricken, wann immer es möglich ist. Es werden, wie gesagt, gerne große und kleine Konflikte und Diskussionen dafür herangezogen, als auch Konflikte einfach aus dem Nichts konstruiert, um die Möglichkeit zu haben, das Opfer als schuldig hinzustellen, es zu degradieren, zu destabilisieren und so das Traumabonding weiter zuzuzurren.
Solltest du Betroffene*r sein, dann hole dir bitte unbedingt professionelle Unterstützung an die Seite, z.B. in einer guten Traumatherapie. Das Verständnis wächst in den letzten Jahren endlich sehr und es ist immer besser möglich, tatsächlich hilfreiche, wohlwollende und funktionierende Unterstützung zu erhalten.
Bildquelle: very angry woman, by Juanmonino, Getty Images Signature | Canva Pro